Lynn Christin: Ein JA für das Leben!

Lynn-ChristinWir durften ein packendes Interview mit der jungen EMAH Lynn Christin führen. Kaum zu glauben, dass die strahlende junge Frau mit einer lebensbedrohlichen Krankheit geboren wurde: einem angeborenen Herzfehler.

Liebe Lynn Christin, stell‘ dich doch einfach mal kurz vor:

Hallo, ich bin 19 Jahre alt und habe eine zwei Jahre ältere Schwester. Wir verbringen gerne Zeit miteinander. Bis vor kurzem habe ich mit meiner Familie in Bergneustadt im Oberbergischen Kreis gelebt. Dort habe ich 2017 auch mein Abitur gemacht. Im Anschluss bin ich nach Sankt Augustin in eine WG gezogen, um meine Ausbildung zur Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin im ersten Deutschen Kinderherzzentrum zu beginnen. Meine größte Leidenschaft ist das Skifahren. Ich engagiere mich in unserer evangelischen Kirchengemeinde in der Kinder- und Jugendarbeit. Besondere Highlights sind die Freizeiten und ich spiele in der Band „Flying Mountains“ Klavier.

Welchen Herzfehler hast du und durch was zeichnet dieser sich aus?

Ich habe eine Trikuspidalatresie Typ 1b, bei der quasi die komplette rechte Herzhälfte fehlt. Deswegen musste ich an meinem fünften Lebenstag das erste Mal operiert werden. Als Säugling und Kleinkind war ich zyanotisch, sodass ich immer eine blaue Hautfarbe hatte, was meine Mitmenschen, die mich nicht so gut kannten, immens erschrocken hat. Mit zwei Jahren hatte ich eine sehr komplizierte aber erfolgreiche Fontan-Operation* im ersten Deutschen Kinderherzzentrum in Sankt Augustin, die von Dr. Andreas Urban und seinem Team durchgeführt wurde. Danach ging es bei mir bergauf. Mit sechs Jahren konnte ich wie andere Kinder eingeschult werden und führe seitdem ein unbeschwertes Leben.
Wie geht es dir heute damit?

Aktuell geht es mir sehr gut. Deswegen habe ich mich auch dafür entschieden, anderen kranken Kindern Mut mit auf den Weg zu geben und niemals aufzugeben. Das ist der wesentliche Grund, warum ich meine Ausbildung angefangen habe.

Wie hat deine Krankheit den Alltag eurer Familie beeinträchtigt? Wie ist das heute?

Meine Eltern und meine Schwester sind immer für mich da und haben mir gezeigt, dass es sich lohnt, zu kämpfen. Ich habe mich immer wie ein gleichwertiges Familienmitglied gefühlt. Meine Familie hat mich  immer als normal angesehen. Das hat mir das Gefühl gegeben, gesund und stark zu sein. So durfte ich genauso wie meine Schwester alleine in die Turngruppe oder zu Fuß zu meiner Klavierlehrerin gehen. Das hat sich natürlich bis heute nicht verändert. Meine Familie hat viel Kraft und Zuversicht durch ihren Glauben erfahren. Wir haben viele Freunde, die für uns beten und uns in schwierigen Phasen unterstützt haben.

Du hast kürzlich dein Abitur gemacht. Konntest du die Zeit auf dem Gymnasium beschwerdefrei genießen?

Ja, das konnte ich sehr gut. Ich bin immer offen mit meinem angeborenen Herzfehler umgegangen. Meine Mitschüler wussten davon und haben mich mit meiner Krankheit respektiert. Wenn ich in den Herbstferien nicht wie die anderen Schüler meine Freizeit genießen konnte, sondern zur Herzkatheteruntersuchung nach Sankt Augustin musste, haben sie an mich gedacht und mich besucht. Meine beste Freundin habe ich auf dem Gymnasium kennengelernt. Mit ihr kann ich stets über alles reden. Trotz meines angeborenen Herzfehlers habe ich am Sportunterricht teilgenommen. Das war nicht immer einfach, da meine Sportlehrer oft vergessen haben, dass ich mich für die gleiche Leistung wesentlich mehr anstrengen musste.

Lynn-ChristinIm ersten Deutschen Kinderherzzentrum Sankt Augustin hat dein Leben begonnen. Dorthin bist du zurückgekehrt. Erzähle uns von diesem besonderen Schritt.

Seitdem ich denken kann, ist es immer schon ein Traum für mich, in einem medizinischen Beruf zu arbeiten und dabei Kindern zu helfen. Dass ich jetzt dort arbeite, wo einst Ärzte und Schwestern um mein Leben gekämpft haben, ist eine große Bereicherung für mich. Mein Beruf ist es, anderen Kindern und ihren Familie Mut zu machen und Hoffnung zu schenken – ich kann mir nichts Schöneres vorstellen.

Hast du manchmal noch Angst wegen deines Herzens? Falls ja, wie gehst du damit um?

Eigentlich kann ich nicht sagen, dass ich noch Angst wegen meines Herzens habe. Mir geht es heute sehr gut. Dafür bin ich Gott sehr dankbar. Ohne den Glauben und die Hoffnung hätte ich es nie geschafft, der Mensch zu werden, der ich heute bin. Mein Herzfehler hat mich geprägt. Natürlich bin ich immer sehr erleichtert, wenn sich nach meinen jährlichen Kontrolluntersuchungen herausstellt, dass alles in Ordnung ist. Doch auch wenn das einmal nicht der Fall sein sollte weiß ich, dass Gott einen Plan für mich hat und er seine schützende Hand über mich hält.

Du bist sportlich aktiv! Was genau machst du regelmäßig?

Ich gehe regelmäßig joggen. Im Sommer liefere ich mir viele spannende Tennis-Matches mit meiner Schwester. Ein leidenschaftliches Hobby meiner ganzen Familie ist das Skifahren in den Alpen. Schon mit fünf Jahren habe ich die Skischule besucht und bringe heute anderen Jugendlichen das Skifahren bei. In den Bergen wird mir immer wieder neu bewusst, was für ein Geschenk es ist zu leben und mir wird klar, dass man das Leben genießen sollte.

Tauschst du dich regelmäßig mit anderen herzkranken jungen Erwachsenen aus?

Leider habe ich selten und wenn dann nur sporadisch Kontakt mit anderen herzkranken jungen Erwachsenen.

Was möchtest du Herzkindern und ihren Familien mit auf den Weg geben?

Gebt niemals auf, denn es lohnt sich zu kämpfen. Ich weiß nicht wie es dir/Ihnen oder Ihrem Kind heute geht, aber ich weiß, dass das Leben ein Geschenk ist! Einen angeborenen Herzfehler zu haben ist nicht  immer einfach, aber man wächst mit seinen Aufgaben und man sollte sich nie unterkriegen lassen. Denn was man geschafft hat, ist bewundernswert und etwas Einzigartiges. Niemand kann je wissen, fühlen oder nachempfinden was ihr schon in eurem Leben erlebt habt.

Welche Träume schlummern noch in dir?

Mein größter Traum ist es, Medizin zu studieren und im Deutschen Kinderherzzentrum als Ärztin Herzkindern und ihren Familie zu helfen und Hoffnung, Mut und Kraft mit auf den Weg zu geben. In ferner  Zukunft würde ich gerne eine eigene Familie haben und für meine Kinder da sein, so wie es meine Eltern für mich waren und auch heute noch sind.

 

Liebe Lynn Christin, deine ermunternden und offenen Worte und deine bisherige Herzgeschichte haben uns sehr bewegt. Auch Dr. Andreas Urban (Gründervater von kinderherzen), der dich damals am Herzen operierte, war von deiner positiven Entwicklung sehr angetan. Er schrieb uns, dass er sich noch sehr gut an die Einezelheiten und Besonderheiten deiner Herz-Operationen erinnert. Anstelle der für deinen Herzfehler typischen drei Operationen (Shunt, Glenn und Fontan), hat er sich damals entschieden auf die zweite, die Glenn-Operation, zu verzichten. Stattdessen zog er die letzte OP, die Fontan-OP, vor. Damals warst du ja erst zweieinhalb Jahre alt, was für diese Operation sehr jung ist. Eine goldrichtige Entscheidung, wie du uns zeigst. Dass es dir heute so gut geht, empfindet der renommierte Kinderherzchirurg und damalige Chefarzt der Herz- und Thoraxchirurgie des Deutschen Kinderherzzentrums Sankt Augustin als eine „Sensation“. „Trotz aller dieser bewußt gewählten Rücksichten und Op-Feinheiten ist es bemerkenswert, wie es der jungen Dame heute geht!“, schreibt er in seiner E-Mail an uns. Wir sind uns sicher: Dein lautes JA an das Leben wird vielen Herzfamilien Mut zusprechen und Hoffnung schenken! Von Herzen alles Gute!
Dein Team kinderherzen

Seit 30 Jahren setzt sich kinderherzen für die Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten von Kindern und Erwachsenen mit einem angeborenen Herzfehler ein. Angeborene Herzfehler sind die häufigste angeborene Organfehlbildung. Allein in Deutschland leben über 100.000 Kinder mit einem angeborenen Herzfehler.

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*Die Fontan-Operation wird heute als häufigste Palliativoperation bei komplexen angeborenen Herzfehlern durchgeführt, die sich mit einem Single Ventricle (Einkammerherz) darstellen.